Vielleicht hast du es schon gesehen: Ein Auto mit dem Aufkleber „LPG - umweltfreundlich“. Oder ein Werbespot, der behauptet, LPG sei die clevere Alternative zu Benzin und Diesel. Aber ist das wirklich wahr? Ist LPG ein grüner Kraftstoff - oder nur eine geschickte Marketinggeschichte?
Die Antwort ist nicht einfach ja oder nein. LPG, also Flüssiggas, ist kein Heiliger Gral. Es ist ein Kraftstoff mit klaren Vor- und Nachteilen. Und wenn du dir die Zahlen ansiehst, wird klar: Es ist nicht so grün, wie viele glauben - aber auch nicht so schlimm wie Benzin oder Diesel.
Was ist LPG eigentlich?
LPG steht für Flüssiggas, auch Autogas genannt. Es ist eine Mischung aus Propan und Butan, die unter Druck flüssig wird. Das ist der gleiche Stoff, den du in deinem Campinggasflaschen hast - nur in größerer Menge und speziell für Autos aufbereitet. In Deutschland wird es hauptsächlich als Kraftstoff für Pkw und Transporter verwendet, oft als Nachrüstung für Benzinmotoren.
Im Gegensatz zu Benzin, das aus Erdöl gewonnen wird, stammt LPG meist aus der Erdöl- oder Erdgasförderung. Es ist kein Biokraftstoff. Es wird nicht aus Pflanzen hergestellt. Es ist kein fossiler Kraftstoff im klassischen Sinn - aber auch kein erneuerbarer. Es ist ein Nebenprodukt. Und das macht den Unterschied.
Wie sauber ist LPG wirklich?
Wenn du den Auspuff eines LPG-Autos mit einem Benzinauto vergleichst, siehst du sofort einen Unterschied: Weniger Ruß, weniger Kohlenmonoxid, weniger Stickoxide. Die Umweltbehörden in der EU haben das bestätigt: LPG emittiert im Durchschnitt 15 % weniger CO₂ als Benzin bei gleicher Fahrleistung. Das klingt gut - und ist es auch, wenn du nur auf das Klima schaust.
Aber hier kommt der Haken: LPG ist kein emissionsfreier Kraftstoff. Es verbrennt immer noch fossile Kohlenwasserstoffe. Die CO₂-Emissionen sind geringer - aber nicht weg. Ein LPG-Auto stößt immer noch 120 bis 140 Gramm CO₂ pro Kilometer aus. Zum Vergleich: Ein moderner Elektro-Pkw in Deutschland, der mit dem durchschnittlichen Strommix läuft, kommt auf etwa 80 bis 100 Gramm. Und wenn du mit Ökostrom fährst, sinkt das auf unter 30 Gramm.
Und was ist mit Methan? LPG enthält kaum Methan - das ist ein guter Punkt. Methan ist ein viel stärkeres Treibhausgas als CO₂, und es entweicht bei Erdgasfahrzeugen oft unverbrannt. Bei LPG ist das kaum ein Problem. Das ist ein Vorteil gegenüber CNG (Komprimiertes Erdgas).
Warum wird LPG als „grün“ verkauft?
Weil es einfach ist. Werbung mag klare Botschaften. „LPG - sauberer als Benzin“ klingt besser als „LPG - weniger schmutzig, aber immer noch fossile Energie“.
In den 2000er Jahren war LPG in Deutschland ein echter Hype. Es gab Subventionen, niedrigere Steuern, und viele Autofahrer wechselten um - besonders Taxifahrer und Flottenbetreiber. Die Politik sah darin eine schnelle Lösung, um die Emissionen zu senken, ohne auf Elektromobilität warten zu müssen. Heute ist das anders. Die Technik ist veraltet. Die Infrastruktur schrumpft. In München gibt es heute noch etwa 60 Tankstellen mit LPG - das ist weniger als die Hälfte von 2015.
Und die Industrie? Sie nutzt die Lücke. Während Elektroautos teuer werden und Ladesäulen langsam wachsen, wird LPG als „günstige Übergangslösung“ vermarktet. Aber eine Übergangslösung, die keine Zukunft hat? Das ist kein grüner Gedanke - das ist Zeitverschwendung.
Die Wahrheit über die Umweltbilanz
Wenn du die Lebenszyklusbilanz von LPG ansiehst - von der Förderung bis zur Verbrennung - wird es noch komplizierter. Die Förderung von Erdgas und Erdöl, die Transportwege, die Raffinerieprozesse: All das verbraucht Energie und setzt CO₂ frei. Ein Teil davon wird nicht in den Auspuffemissionen sichtbar, aber er zählt.
Ein Studium des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2023 zeigt: Selbst wenn man LPG als saubersten fossilen Kraftstoff betrachtet, liegt es bei der Gesamtbelastung 30 % über dem Durchschnitt eines Elektroautos mit deutschem Strommix. Und das, obwohl Elektroautos noch nicht einmal mit 100 % Ökostrom betrieben werden.
Und dann gibt es noch die Abfallproblematik: LPG-Tanks sind schwer, aus Stahl, und werden oft nach 15 Jahren ausgetauscht. Sie sind nicht recycelbar wie Batterien. Und sie enthalten oft schädliche Beschichtungen. Kein grünes Produkt.
Was ist mit Kosten und Wartung?
Ein LPG-Auto ist günstiger im Betrieb als ein Benzinauto. Der Kraftstoff kostet etwa 30 % weniger. Die Motoren laufen ruhiger, und die Verschleißteile halten länger - weil LPG sauberer verbrennt. Das ist ein echter Vorteil für Fahrer, die viel fahren.
Aber: Die Nachrüstung kostet zwischen 2.000 und 4.000 Euro. Und die Garantie des Fahrzeugherstellers erlischt oft bei der Umstellung. Wenn du ein neues Auto kaufst, ist LPG nicht mehr serienmäßig erhältlich. Nur noch wenige Modelle wie der Opel Corsa oder der Ford Fiesta bieten es als Option - und das nur in einigen Märkten.
Und was ist mit der Zukunft? In der EU wird ab 2035 der Verkauf neuer Benziner und Diesel eingestellt. LPG wird nicht als Alternative anerkannt. Kein Hersteller investiert mehr in neue LPG-Motoren. Es gibt keine Innovation mehr. Die Technik steht still.
Wer profitiert von LPG - und wer verliert?
Die größten Nutznießer sind nicht die Umwelt, sondern die Tankstellenbetreiber und die Nachrüstfirmen. LPG-Tankstellen haben geringere Investitionskosten als Elektroladestationen. Sie brauchen keine Stromnetzausbauten, keine hohen Sicherheitsstandards. Sie können einfach einen Tank anbringen und loslegen.
Die Verbraucher profitieren kurzfristig von niedrigeren Tankkosten. Aber langfristig? Sie investieren in eine Technologie, die bald keine Unterstützung mehr bekommt. Ersatzteile werden knapper. Werkstätten haben weniger Erfahrung. Und wenn du dein Auto nach 10 Jahren verkaufen willst - wer kauft noch ein LPG-Auto?
Die Umwelt verliert. Denn jeder Euro, den jemand in LPG investiert, ist ein Euro, der nicht in Elektromobilität, öffentlichen Nahverkehr oder Radwege fließt. Das ist die wahre Kosten-Nutzen-Rechnung.
Was ist die bessere Alternative?
Wenn du wirklich etwas für die Umwelt tun willst, gibt es drei klare Optionen:
- Elektroauto mit Ökostrom: Die sauberste Lösung heute. Die Emissionen sinken jedes Jahr, weil der Strommix grüner wird.
- Öffentlicher Nahverkehr oder Fahrrad: Kein Motor, keine Emissionen, kein Treibstoff - und du bleibst fit.
- Carsharing oder Mitfahrgelegenheiten: Weniger Autos auf der Straße = weniger Ressourcenverbrauch.
LPG ist keine dieser Optionen. Es ist eine technische Kompromisslösung - und zwar eine, die nicht mehr zeitgemäß ist.
Die Zukunft gehört nicht LPG
Es ist verständlich, dass Menschen nach günstigen Lösungen suchen. Aber grün ist nicht, was billig ist. Grün ist, was nachhaltig ist. Und LPG ist nicht nachhaltig. Es ist eine fossile Energiequelle mit etwas weniger Abgasen - aber immer noch eine Energiequelle, die die Erde belastet.
Wenn du heute ein Auto kaufst und auf LPG setzt, kaufst du keine Zukunft. Du kaufst eine letzte Chance, vor der Wende zu fahren. Und diese Wende ist schon da. Elektroautos werden billiger. Die Ladesäulen wachsen. Die Batterietechnik verbessert sich. Und die Politik unterstützt sie - nicht LPG.
Ein LPG-Auto ist kein grünes Auto. Es ist ein weniger schmutziges Auto. Und das ist kein Grund, sich zu feiern. Es ist ein Grund, weiterzugehen.
Ist LPG umweltfreundlicher als Benzin?
Ja, aber nur bedingt. LPG emittiert etwa 15 % weniger CO₂ als Benzin und deutlich weniger Schadstoffe wie Ruß oder Kohlenmonoxid. Allerdings bleibt es ein fossiler Kraftstoff - und die Gesamtbelastung über den gesamten Lebenszyklus ist deutlich höher als bei Elektroautos mit deutschem Strommix.
Kann man LPG in jedem Auto nachrüsten?
Fast jedes Benzinauto kann mit einer genehmigten LPG-Nachrüstung ausgestattet werden. Allerdings verliert du oft die Herstellergarantie, und die Installation muss von einem zertifizierten Fachbetrieb durchgeführt werden. Die Kosten liegen zwischen 2.000 und 4.000 Euro.
Gibt es in Deutschland noch viele LPG-Tankstellen?
Nein. Die Zahl der LPG-Tankstellen ist seit 2015 um mehr als 50 % zurückgegangen. Heute gibt es noch etwa 1.200 Tankstellen in Deutschland, meist an Autobahnen oder in größeren Städten. In ländlichen Gebieten ist LPG kaum noch verfügbar.
Ist LPG sicherer als Benzin?
LPG-Tanks sind stabiler als Benzin-Tanks und haben mehr Sicherheitsventile. Bei Unfällen sind sie weniger anfällig für Lecks. Allerdings ist LPG leicht entzündlich und schwerer als Luft - es sammelt sich im Bodenbereich. Das kann bei undichten Anlagen gefährlich sein. Die Sicherheitsstandards sind heute hoch, aber nicht risikofrei.
Warum werden neue LPG-Autos nicht mehr hergestellt?
Weil die EU ab 2035 den Verkauf neuer Benziner und Diesel verbietet - und LPG zählt dazu. Hersteller investieren nicht mehr in Technologien, die bald nicht mehr erlaubt sind. Elektromobilität ist die Zukunft. LPG ist eine veraltete Lösung, die keine Weiterentwicklung mehr erfährt.
Lohnt sich LPG für einen Gebrauchtwagen?
Nur, wenn du viel fährst und die Nachrüstung bereits bezahlt ist. Für Neukäufer ist es keine gute Idee: Die Wertschätzung sinkt, Ersatzteile werden knapper, und die Infrastruktur schrumpft. Ein gebrauchtes LPG-Auto kann günstig sein - aber es ist eine Zeitbombe für die Zukunft.
Wenn du wirklich etwas für die Umwelt tun willst - dann fahr Elektro. Oder fahr gar nicht. LPG ist kein grüner Kraftstoff. Es ist ein Übergang, der nicht mehr führt.